Stellen Sie sich vor, Sie gehen durch die Straßen. Um die Ecke weht er Ihnen plötzlich entgegen – nein, nicht der Wind, jedenfalls nicht nur der. Ich meine den Duft von Frikadellen. Auch wenn es erst acht Uhr am Morgen und für Frikadellen noch reichlich früh ist; es riecht exakt so, wie einstmals in der Küche Ihrer Großmutter. Und schon stehen nicht mehr die Essensgerüche im Vordergrund, sondern das heimelige Gefühl, das sich vor mehreren Jahrzehnten in Ihrem Geruchsgedächtnis verankert hat. Ist natürlich nur ein Beispiel.
Gerüche und Emotionen gehen in der Erinnerung eine Symbiose ein, die perfekter nicht sein könnte. Riecht es nach Zuckerwatte und Popcorn, denken wir an kindlichen Jahrmarktspaß. Der Duft einer Rose verbindet sich vielleicht mit der liebevollen Gabe eines Menschen, den man mag. Flieder und Hyazinthen riechen nach Frühling, nasser Asphalt nach Sommerregen, Salzluft nach Sonne und Strand und moderiges Laub erinnert uns an den Herbst. All diese Gerüche gehen mit Erlebnissen einher, die diesen Jahreszeiten verbundenen sind. Das funktioniert sogar, wenn wir einen dieser Düfte zu Unzeiten in die Nase bekommen. Schließlich hat auch meine Oma ihre Frikadellen nicht morgens um acht gebraten.
Kramen Sie doch mal in Ihrem Duftgedächtnis. Bestimmt wird etwas zutage treten, an das Sie besondere Emotionen knüpfen. Die müssen nicht immer positiv sein, so viel ist klar. Vielleicht das Rasierwasser eines besonders strengen Pädagogen, der Geruch beim Zahnarzt, bei dem sich von null auf hundert die Spucke hinter der Zahnreihe sammelt, oder die Dauerwellenflüssigkeit, der Sie in den 80er Jahren eine ausgesprochen hartnäckige Krause verdankten. Sie haben da sicher Ihr eigenes olfaktorisches Signal. In diesem Sinne: Nase hoch und durch!
Mein Hund war im Meer. Er hat getobt und gespielt und es genossen.
Einen Tag später kommt die Ernüchterung: Der Schwanz funktioniert nicht mehr. Davon haben Sie noch nie gehört? Ich glücklicherweise doch, sonst hätte ich einen Schrecken bekommen. Man nennt das auch Wasserrute. Die Schwanzwurzel ist entzündet und bewegt sich nicht mehr. Muss so ähnlich sein, wie Arthritis.
Nur blöd, dass der Hund auch schlecht sitzen kann und stundenlang im Kreis läuft, ehe er sich traut, sich niederzulassen. Aber was für das Tier viel gravierender ist, ist die Tatsache, dass es den Schwanz benötigt, um seine Befindlichkeit auszudrücken. Eigentlich spricht der Hund mit dem Schwanz, wenn man es genau nimmt.
Wenn ihm etwas unangenehm ist, zieht er die Rute zwischen die Hinterbeine. Das tut er jetzt auch. Klar, ist ja auch schmerzhaft, so eine Entzündung. Wenn der Hund sich freut, dreht der Schwanz sich üblicherweise wie ein Propeller. Das geht jetzt schon mal nicht. Er hängt immer noch nach unten, obwohl der Hund sich freut. Aber wie soll er das jetzt ausdrücken?
Ebenso geht es ihm in Punkto Aufmerksamkeit. Draußen passiert etwas? Der Hund springt auf und richtet die Rute steil nach oben. Es wird spannend oder unheimlich, oder, oder. Er hingegen scheint emotionslos. Stehen muss er ja sowieso (Hinsetzen klappt nicht, Sie erinnern sich?)
Im übertragenen Sinne macht der Schwanz meines Hundes das, was sonst die Mundwinkel von Frau Merkel machen. Er zeigt keine messbare Reaktion. Doch bei meinem Hund hat zum Glück die Veterinärmedizin geholfen. Humanmediziner hingegen sind vermutlich machtlos...