2016 erschien mein Fantasy-Roman "Das Feentuch" Wer wissen will, was im fernen Schottland geschieht, findet das Buch beim Klick auf das Bild bei Amazon für 12,99 €

Auch alle E-Book-Leser können  "Das Feentuch" herunterladen.:  

Selbstverständlich gibt es mit der "Blick-ins-Buch-Funktion" eine Leseprobe. Also auf ins magische Schottland!

Aufrecht gehn, den Himmel sehn

Neben meinen Büchern, die durchweg in der Unterhal-tungslektüre ihren Platz haben, ist ein biblisches Musical für Kinder ab sechs Jahre in Chor-und Theatergruppen erschienen. In diesem Buch befinden sich Lieder, Sprechtexte und Notenmaterial für eine 30-minütige Aufführung.  In sechs Szenenbildern und ebenso vielen Liedern begegnen die Kinder Sarah, deren Blick auf den Boden gewandt ist und die an dieser Last schwer trägt. Und sie erfahren, was geschieht als Jesus in Sarahs Leben tritt... Das Buch im lese- und musikerfreund-lichen Großformat ist bei Amazon erhältlich.

22. Dezember

Die Rose von Jericho

 

Caroline hatte gerade begonnen, in ihren Wohnzimmerschränken ein wenig Ordnung zu schaffen. Der Frühsommersamstag hatte schon mit einem Platzregen begonnen und im Laufe des Vormittags war er in ein sanftes aber regelmäßiges Nieseln übergegangen, das jeden Aufenthalt draußen zu einer feuchten Angelegenheit werden ließ. Also überwand sie ihre Aversion gegen das Aufräumen, öffnete Schublade um Schublade der Schrankwand und sortierte deren Inhalt akribisch, nachdem sie ihn auf dem Teppich ausgeleert hatte. Plötzlich schellte es an der Tür und Caroline erhob sich etwas unwillig aus ihrer knienden Haltung, stakste aber mit steifen Beinen durch die Wohnung, um die Tür zu öffnen.

Ihr erstaunter Blick fiel auf ihre Nachbarin Susanne und deren sechsjährigen Sohn Felix. Bevor sie überhaupt zu einer Frage ansetzen konnte, stöhnte Susanne entnervt auf:

„Kannst du Felix für ein Weilchen bei dir gebrauchen? Peter ist auf dem Tennisplatz und ich muss Lisa vom Schwimmbad abholen – sie hat ihr Portmonee mit dem Busticket verloren! Der Kindersitz von Felix ist natürlich in Peters Auto!“, erklärte sie, warum sie die Nachbarin um Hilfe bat.

„Na ja“, entgegnete Caroline etwas säuerlich. „Besonders gut passt mir das ja heute nicht.“ Aus Erfahrung wusste sie, dass Susannes Sprössling eine kleine Nervensäge war, der seine Finger überall hatte. „Dann komm solange rein, Felix“, sagte sie wenig begeistert, während Susanne ihn durch den Eingang schob und mit einem eiligen „Bis gleich!“, verschwand.

Felix hielt sich nicht lange in der Diele auf, lief schnell wie der Blitz in Carolines Wohnzimmer und betrachtete offensichtlich hingerissen das vor ihm liegende Chaos.

„Und Mama sagt immer, bei mir herrscht Unordnung“, gluckste er altklug. Caroline war diese Bemerkung ein wenig peinlich und sie faselte etwas von Dingen, die manchmal sortiert werden mussten, damit man nachher wieder durchblickte. Innerlich ärgerte sie sich, dass sie nicht Nein gesagt und nun Felix am Hals hatte, der im Anschluss seiner Mutter sicher eine detaillierte Beschreibung ihrer Aufräumaktion liefern würde.

Mit der ihm eigenen Schnelligkeit griff der Junge nach einer Klarsichttüte, die vor seiner Nase am Boden gelegen hatte. Neugierig hielt er sie hoch und fragte flapsig:

„Was ist denn das für ein trockenes Gemüse?“ Caroline riss die Tüte mit einem Ruck an sich und erwiderte barsch:

„Das ist die Rose von Jericho!“

„Na, die muss aber schon uralt sein, so wie die aussieht“, kicherte Felix.

„Die benutzt man nur im Advent“, erklärte Caroline. „Das Jahr über ruht die Pflanze und braucht Trockenheit, denn sie kommt aus der Wüste.“

„Die wird doch nie wieder grün“, bemerkte der Junge ungläubig. Caroline sah das als Herausforderung an und sagte bestimmt:

„Setz dich da hin. Ich werde es dir beweisen!“, und wies mit der ausgestreckten Hand, in der die Tüte baumelte, auf das Sofa. Gespannt sah Felix von seinem Platz aus, was Caroline tat.

Sie nahm eine große Schüssel aus dem Schrank und füllte sie mit dem Wasser aus ihrer Blumenkanne. Nun nahm sie die Pflanze behutsam aus der Tüte, dass auch nur ja nichts von den vertrockneten Zweigen abbrach und legte sie in die Schale, so dass sie träge wie ein Ball auf dem Wasser schwamm. Etwas enttäuscht fragte Felix:

„Und das war jetzt schon alles?“

„Du musst schon etwas Geduld haben“, erwiderte Caroline. „Mit dieser Rose ist es wie mit der Adventszeit. So wie die Kerzen am Kranz mit jedem Sonntag mehr werden, bevor der Christbaum in seiner ganzen Kraft am Heiligen Abend leuchtet, so braucht auch diese Blume Zeit, um das Wasser aufzusaugen. Aber ich verspreche dir, dass das Ergebnis etwas ganz Besonderes sein wird.“

„Hast du auch ein paar alte Kerzen“, fragte der Junge sehnsüchtig. „Mama benutzt nie einen Adventskranz und am Baum gibt es bei uns nur eine Lichterkette. Sie hat ständig Angst, dass das Tannengrün zu brennen beginnt.“ Von Felix Vorfreude und Sehnsucht nach Kerzenlicht

angesteckt entleerte Caroline eine weitere Schublade und die Kerzenstummel vom letzten Weihnachtsfest kullerten über den Teppich.

Auch Caroline vergaß jetzt völlig, dass sie sich mitten im Sommer befanden. Sie kramte ein paar Glaskugeln hervor, nahm den Weihnachtsteller aus dem Schrank und dekorierte alles liebevoll darauf. Es störte beide nicht, dass der Duft von Tannengrün fehlte, als Caroline die vier Kerzen nacheinander mit einem Streichholz entzündete. Gemeinsam starrten sie verzückt in die tänzelnden Flammen, als der Junge leise zu singen begann:

„Dicke rote Kerzen, Tannenzweigenduft und ein Hauch von Heimlichkeit liegt jetzt in der Luft....“

Caroline sah erstaunt zu ihm auf und wollte ihn noch ermahnen, im Juni keine Weihnachtslieder zu singen, aber sie bemerkte sofort, wie hingerissen Felix die Kerzen anstarrte und seiner eigenen Stimme lauschte. Unwillkürlich fiel ihr Sopran in den Kindergesang ein. Als sie einige Zeit und diverse Weihnachtslieder später zusammen „Stille Nacht“ intonierten, fiel der Blick des Jungen auf die erblühte Rose in der Wasserschale. Das triste, vertrocknete Braun der zuvor kugelförmig zusammengerollten Pflanze hatte sich in ein leuchtendes Grün verwandelt und sie hatte alle Blätter nach außen hin geöffnet, als würde auch sie sich zum Licht der Kerzen hinstrecken.

„Danke, Caroline!“, murmelte Felix mitten in den Gesang hinein. „Das ist das Schönste, was ich je gesehen habe!“ Als es kurz darauf erneut an der Tür läutete, wies sie Felix an, die Kerzen auszublasen und legte wortlos ihren Zeigefinger an die Lippen, als Zeichen dafür, dass er ihr gemeinsames Geheimnis bewahren solle.

Felix und Caroline gingen gemeinsam zur Tür und öffneten sie. Davor standen Susanne und Lisa. Misstrauisch fragte Susanne:

„Warum riecht es bei dir nach Kerzen? Hast du etwa Blödsinn gemacht, Felix?“, fragte sie streng.

„Natürlich nicht“, antworteten Felix und Caroline wie aus einem Mund. Der Junge wollte gerade seiner Mutter folgen und die Wohnung verlassen, als er sich noch einmal zu Caroline umwandte und flüsterte:

„Das war wie Weihnachten im Sommer. Darf ich im Dezember wiederkommen?“

„Aber sicher“, nickte Caroline mit einem erfreuten Blick auf seine glühendroten Wangen. „Es dauert ja nicht mehr lange!

Ihre Nachricht an mich:

Kommentare: 0