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Selbstverständlich gibt es mit der "Blick-ins-Buch-Funktion" eine Leseprobe. Also auf ins magische Schottland!

Aufrecht gehn, den Himmel sehn

Neben meinen Büchern, die durchweg in der Unterhal-tungslektüre ihren Platz haben, ist ein biblisches Musical für Kinder ab sechs Jahre in Chor-und Theatergruppen erschienen. In diesem Buch befinden sich Lieder, Sprechtexte und Notenmaterial für eine 30-minütige Aufführung.  In sechs Szenenbildern und ebenso vielen Liedern begegnen die Kinder Sarah, deren Blick auf den Boden gewandt ist und die an dieser Last schwer trägt. Und sie erfahren, was geschieht als Jesus in Sarahs Leben tritt... Das Buch im lese- und musikerfreund-lichen Großformat ist bei Amazon erhältlich.

18. Dezember

Die Zusage

 

Da lehnt eine männliche Gestalt an der Straßenlaterne, als Pia aus dem Hausflur tritt. Er sieht sie aufmerksam an, als ob er etwas sagen will. Pia denkt:

     ‚Komisch, der Typ‘ und legt einen Zahn zu. Ist sicher besser, wenn sie schnell an ihm vorbeigeht. Sie lässt sich nicht gerne auf der Straße ansprechen. Ihre Ahnung trügt sie nicht. Als sie auf seiner Höhe ist, sagt er freundlich:

     „Hallo Pia, wie geht’s?“, als ob sie ihn kennen müsste. ‚Oh Gott, ein Stalker“, denkt Pia und beschleunigt ihre Schritte.

     „Warte doch mal, Pia!“, er rennt ihr tatsächlich hinterher.

     „Keine Zeit“, erwidert sie, obwohl es vielleicht besser wäre, ihn zu ignorieren.

     „Keine Zeit für einen Kaffee mit einem Engel?“

Pia tippt sich instinktiv an die Stirn. Ein echter Spinner ist ihr da über den Weg gelaufen. Nichts wie weg hier. Aber sie kann ihn nicht abschütteln. Er ist einfach schneller.

„Jetzt renn doch nicht so, du bist ja schon ganz außer Atem. Tatsächlich hat der Mann Recht. Sie japst und keucht, während man ihm nicht die geringste Anstrengung anmerkt. Zu dumm, dass außer ihnen beiden niemand unterwegs ist. Wie soll sie ihn ohne Hilfe wieder loswerden.

     „Was willst du von mir und wer bist du überhaupt?“ Die Flucht nach vorn scheint Pia die beste Lösung zu sein.

     „Ich bin Michael, dein Engel. Und ich hätte dich nicht angesprochen, wenn ich nicht dringend deine Hilfe benötigen würde.“

Jetzt bleibt Pia doch stehen. Hat ja wohl keinen Zweck, vor ihm davonzulaufen. Und wenn er wirklich glaubt, ein Engel zu sein, dann braucht er Hilfe. Nicht Pias Hilfe, wohlgemerkt, dafür gibt es Profis.

     „Da vorne ist ein Café“, Engel Michael streckt den Finger aus und zeigt auf die gegenüberliegende Straßenseite.

Pia sieht auf die Uhr. Für eine Tasse Kaffee wird die Zeit wohl reichen und im Café ist sie nicht allein mit dem Typ. Da kann sie notfalls auf der Toilette die Polizei rufen, wenn er zudringlich wird.

     „Ok, eine Tasse Kaffee, aber nicht mehr!“ Sie legt die Regeln fest, denkt Pia. Sie betreten den Gastraum und anders als sonst, ist er menschenleer.

     ‚Na prima!‘, denkt Pia. Aber Michael stört die Leere nicht. Sie scheint ihn nicht einmal zu wundern. Und als wäre er hier zuhause, tritt er hinter die Theke und macht sich am Kaffeeautomaten zu schaffen.

Pia staunt. Der Typ ist ganz schön dreist. Aber mit der Maschine umgehen, das kann er.

     „Cappuccino?“, fragt er.

     „Ja, bitte.“ Schnell haben beide eine große Tasse mit einem Berg Milchschaum vor sich auf dem Tisch stehen. Michael hat auch zwei Kekse auf den Tellerrand gelegt. Die Bedienung ist immer noch nicht aufgetaucht. Pia nimmt einen vorsichtigen Schluck. Der Cappuccino schmeckt himmlisch. Sie grinst über ihren Vergleich.

     „Worum geht es jetzt genau?“, erkundigt sie sich möglichst sachlich.

     „Ich bin hier, weil ich einen Auftrag habe, aber allein wird das nichts.“

     „Was für einen Auftrag?“

     „Du kennst doch Tina, oder?“

Tina ist Pias Kommilitonin und ab und zu hilft sie hier im Café aus. Heute hat sie keinen Dienst, denn in einer halben Stunde müssen sie beide in einer langweiligen Vorlesung sitzen. ‚Alttestamentarische Engelerscheinungen‘, erinnert sich Pia und stutzt über die Parallelen. Sie schüttelt ihre Gedanken ab. Nun muss der Typ endlich mal zur Sache kommen.

     „Du bist also hinter Tina her?“

     „Wie meinst du das? Ich bin hinter ihr her?“ Michael schaut verwirrt drein.

     „Na, du willst doch irgendwas von ihr? Sie interessiert dich?“

     „Nein, ich will nur mit ihr reden, aber sie übersieht mich.“ Das kann Pia nicht verstehen. Einen solchen Mann zu übersehen, das kostete schon eine gewisse Anstrengung.

     „Sie hat ja auch einen Freund. Was soll sie da mit dir anfangen?“ Es ist die einzige Erklärung, die Pia in den Sinn kommt.

     „Ich glaub, ich hab mich falsch ausgedrückt. Sie sieht mich nicht, hätte ich sagen sollen.“ Michael wirkt zerknirscht. „Und der Chef hat gesagt, ich muss dringend mit ihr reden. Aber egal, wie oft ich es versuche, sie nimmt mich nicht zur Kenntnis. Ich bin sozusagen Luft für sie. Und da dachte ich…“

     „Da dachtest du, frag doch mal die Pia, ob sie uns verkuppeln will? Und dann tischst du mir diese alberne Engelgeschichte auf?“ Pia ärgert sich. Das ist ja noch schlimmer, als die plumpe Anmache, mit der sie gerechnet hatte.

     „Verkuppeln? Nein, Tina ist doch schon ewig mit Jan befreundet.“

     „Dann rück doch endlich damit raus, was du von mir willst, Mann.“ Pias Geduld ist am Ende.

     „Ich will, dass du ihr sagst, dass sie ein Kind bekommt.“

     „Verdammt!“, rutscht es Pia heraus und sie schlägt sich sogleich die Hand auf den Mund.

     „Einmal lass ich es durchgehen!“, zwinkert Michael ihr zu.

„Tina ist schwanger? Davon weiß ich ja gar nichts. Mensch, und das so kurz vor dem Ende der Studienzeit. Noch ein Semester und wir gehen ins

Referendariat. Die kann doch gar kein Kind gebrauchen.“ Pia tut die Freundin jetzt schon leid.

     „Aber halt, warum weißt du davon und Tina hat keine Ahnung? Da stimmt doch was nicht.“

     „Ich sag dir doch, ich bin hier, um sie zu über-zeugen, dass sie es behalten soll. Hier bei euch werden doch im Handumdrehen Entscheidungen gefällt, deren Tragweite ihr gar nicht ermessen könnt.“

     „Hier bei uns?“ Dieser Michael übertrieb ein wenig mit seiner Engelmasche. Dafür war das Thema viel zu ernst. „Als Engel kannst du jetzt mal einen Gang zurückschalten. Den nimmt dir hier keiner ab.“

     „Ich denke, ihr studiert Theologie, Tina und du?“

     „Ja, aber deshalb musst du dich nicht als Engelerscheinung aufspielen. Sag einfach, was Sache ist.“ Pia nimmt einen Schluck aus ihrer Tasse. Das Zeug ist immer noch heiß und äußerst schmackhaft. Der Schaum war kein bisschen zusammengefallen. 'Kaffee kochen kann er, auch wenn er als Engel nicht überzeugt.'

     „Also, ich fang nochmal von vorne an. Seit Tagen renne ich hinter Tina her, aber sie will mich nicht wahrnehmen. Und da hab ich gedacht, ich versuche es mal bei dir. Deine spirituelle Antenne scheint besser ausgeprägt zu sein als Tinas. Und wenn sie mich nicht hört, musst du sie eben überzeugen, das Kind zu bekommen.“

     „Nee, also so dicke sind wir ja auch nicht. Musst du doch schon daran merken, dass sie mir noch nichts von der Schwangerschaft erzählt hat.“

     „Aber sie weiß doch noch gar nichts davon. Jedenfalls bis vorhin. Jetzt ist sie gerade beim Arzt, glaube ich. Und wenn sie da rauskommt, wird sie dich brauchen. Du musst sie überzeugen, dass dieses Kind etwas Besonderes ist.“

     „Ein zweiter Jesus, oder was willst du damit andeuten?“

     „Nein, das natürlich nicht. Der Messias ist eine eigene Größenordnung. Dessen Geburt durfte des-halb Gabriel ankündigen. Da war ich außen vor. Leider!“, fügt er hinzu.

Pia schwirrt der Kopf. Sie sollte mitverantworten, dass Tina ein Baby bekam, das sie vermutlich gar nicht haben wollte? Der Schuh war ihr eine Nummer zu groß.

     „Nein, das kann ich nicht!“, sagt sie mit Bestimmtheit.

     „Und ob du das kannst. Du musst nur wollen. Und ich brauche deine bindende Zusage für diesen Job. Sonst kann ich mich oben nicht mehr sehen lassen.“

     „Das müssen wir natürlich verhindern!“ Pias Abwehr wird kleiner. Sie weiß nicht, warum sie Michael seine hanebüchene Geschichte abnimmt. Der Engel, der die Geburt eines besonderen Kindes verkünden soll! Nicht so besonders wie Jesus, aber immerhin.

     „Was ist an dem Kind so besonders?“ Diese Frage musste er schlüssig beantworten, dann würde sie ihm vielleicht helfen.

     „Jedes Menschenkind ist etwas Besonderes. Jedes Leben ist es wert, gelebt zu werden. Und uns darf keines davon verloren gehen.“

 

     Das klingt auswendig hergesagt, wie frisch aus der Bibel, findet Pia. Und doch merkt sie, dass er wohl Recht hat. Wer waren sie, zu entscheiden, welches Leben gelebt werden durfte und welches nicht?

     „Ok, ich mach’s!“ Pia spürt sogleich den Druck der Verantwortung auf den Schultern und sinkt unmerklich nach vorn.

     „Danke für deine Zusage!“, sagt Michael und streicht ihr mit einem federzarten Finger über die Wange. Pia muss niesen und kneift die Lider dabei fest zu.

     Als sie die Augen öffnet, ist das Café voll besetzt. Nur sie sitzt allein an einem Tisch mit zwei leeren Cappuccino Tassen. Michael ist verschwunden.

Die Bedienung steht wie üblich hinter der Theke. Um sie herum ist es laut und geschäftig. Die Eingangstür öffnet sich und Tina tritt ein. Ein verlorener Ausdruck überschattet ihr Gesicht. Pia winkt und als die Freundin sie erkennt, tritt sie an den Tisch.

     „Setz dich, wir müssen reden!“, Pia fackelt nicht lange.

     „Ich war beim Arzt…!“

     „Ich weiß!“ Jetzt war sie schon mitten drin in dem Job. Jetzt musste sie auch durchhalten bis zum Schluss.

 

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