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Aufrecht gehn, den Himmel sehn

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16. Dezember

Die eigene Entscheidung

 

Die Hirten hatten sich mit ihren Tieren in der Nacht wie immer auf dem Feld versammelt. Jeder hatte sich ein halbwegs gemütliches Lager zurecht gemacht. Über ihren Köpfen waren alte Stoffbahnen gespannt, damit der herabfallende Tau die Nacht nicht zu kühl machte und sie waren eng zusammengerückt. Wann immer einer das Bedürfnis hatte, das Lager zu verlassen, musste er über die Körper der anderen hinweg steigen und so manches Mal wurde dabei auch geschimpft, weil jemand sich im Schlaf gestört fühlte.

Und natürlich mussten sie abwechselnd den Schlaf der anderen bewachen und dafür sorgen, dass kein Wolf herbeikam,  die Schafe und Ziegen zu reißen. Bei der Aufteilung ging es nur selten gerecht zu. Oft waren es die Jüngeren, die diesen Part übernehmen mussten, damit die älteren Hirten eine ruhige Nacht hatten. Schließlich wurden die Jüngeren auch irgendwann die Älteren sein und den Nachwuchs so in die unangenehme Pflicht zwingen. Das war der Lauf der Welt und niemand zweifelte über den Sinn.

In dieser Nacht hatte es Isaak getroffen. Er war noch nicht lange dabei und man hatte ihm Gelegenheit gegeben, sich die Gepflogenheiten mit einem anderen Jungen anzusehen. Heute aber sollte er seine erste Nacht als alleinige Lagerwache ableisten. Schon bevor es dämmerte, war Isaak mulmig zu mute. Was würde sein, wenn er einschlief und ein wildes Tier eines der Herdentiere erlegen würde?

Die Dunkelheit senkte sich über das Lager und bald konnte man die Hand nicht mehr vor den Augen erkennen. Der Mond war zwar heute in voller Größe am Himmel gewesen, doch inzwischen hatten Regenwolken ihn verdunkelt. Nur wenn Isaak von der Anhöhe in die Stadt hinunter sah, zeigte sich ein sanfter Lichtschimmer am Horizont. Es mussten ziemlich viele Menschen unterwegs sein, weil jeder zum Zählen in die eigene Heimatstadt musste. Die unzähligen Lagerfeuer derer, die keinen Unterschlupf gefunden hatten und wie die Hirten draußen schlafen mussten, würden wohl den Lichtschein entfachen, den er sah. Hinter ihm aber war es stockduster und ziemlich still. Isaak hörte nur das Schnauben der Tiere und aus den Zelten gelegentlich die Geräusche der Schlafenden.

Er wollte ein wenig herumgehen, um nicht versehentlich im Sitzen seine Wache zu verschlafen. Deshalb entzündete er eine Fackel und trat aus dem Lichtschein des Lagers heraus. Die Fackel erhellte immer nur den kurzen Weg vor seinen Füßen, sodass er gerade eben sah, wohin er sie setzte. Auf einmal hatte er ein komisches Gefühl im Nacken. Die kleinen Härchen auf seiner Haut stellten sich aufrecht und er drehte sich langsam um, obwohl er von großer Furcht beherrscht wurde. Im Stillen hoffte er, dass einer der anderen Hirten aufgewacht war und sich einen kleinen Spaß mit dem Neuling erlaube wollte. Doch was er sah, Iieß seinen Atem stocken. Vor ihm stand ein Wesen, das ganz aus Licht zu sein schien und gemessen an dem strahlenden Glanz hätte Issaaks Pfad in die entgegengesetzte Richtung gleißend hell sein müssen.

„Wer bist du?“, stotterte er und erwartete im Grunde keine Antwort von dem Wesen, das nicht von dieser Welt zu sein schien. Ob es überhaupt seine Sprache verstand?

„Ich bin der Engel Gabriel. Ich bin gekommen, um dir etwas Wichtiges mitzuteilen?“

„Mir? Etwas Wichtiges? Einem unbedeutenden Hirtenjungen. Was könntest du mir sagen wollen?“ Isaak wunderte sich nicht nur über sich selbst, dass er überhaupt zu Sprechen imstande war, sondern auch darüber, dass der Engel offensichtlich ihn, den kleinen Hirten auf erster Nachtwache, so direkt ansprach, anstatt ihm zu befehlen, die Ältesten herbeizurufen.

„Dich will ich sprechen. Keinen derjenigen, die in eurer Runde etwas zu sagen haben.“

„Und du bist sicher, dass du nicht irrst?“

„Engel irren sich nicht!“, lächelte Gabriel und sein Strahlen wurde dabei noch heller. „Engel bringen die Botschaft zu denen, die darauf warten.“

„Aber ich habe nicht auf dich gewartet.“, erwiderte der Junge erstaunt.

„Doch, das hast du, aber du weißt es noch nicht. Du wirst zu denen gehören, die ihm nachgehen, wenn die Zeit dafür gekommen ist.“

„Ihm? Von wem sprichst du?“

Der Engel streckte einen Finger nach Jerusalem aus und fragte:

„Erkennst du dort den Stern?“ Und tatsächlich waren plötzlich alle Wolken verschwunden. Der Mond blieb unsichtbar, doch über der Stadt strahlte ein helles Gebilde am Himmel, das seinerseits die Strahlen wie Finger ausstreckte und direkt auf ein Gebäude zu weisen schien, das Isaak von hier aus erkennen konnte, obwohl er mindestens zwei Stunden benötigt hätte, um zu diesem Punkt zu gelangen.

„Siehst du den Stern, Isaak?“

„Ja, der ist riesig. Aber meinst du, dass ich ihm nachgehen werde, wenn die Zeit gekommen ist?“

„Nein, er zeigt dir nur den Ort, an dem du ihn findest.“

„Aber wer ist es denn?“

„Es ist der Retter aller, die an Gott glauben. Und er wird für immer bei euch sein, denn Gott hat ihn zu euch gesandt.“

„Zu uns? Wir sind nur ein paar arme Hirten, auf die niemand hört. Wir sind den Herrschenden egal. Wir bewachen ihr Vieh, damit sie ihren Reichtum mehren können. Mehr verlangen sie nicht von uns und uns geben sie dafür einen Hungerlohn.“

„Wer ihm folgt, wird auch reich werden: Reich an Erkenntnis und Liebe.“

„Aber Liebe und Erkenntnis machen nicht satt.“ Isaak kannte von klein auf nur die Armut. Da waren andere Dinge unwichtig für ihn.

„Das stimmt wohl. Aber du wirst trotzdem spüren, dass er etwas Besonderes ist. Und wenn du wartest, bis er groß ist, kannst du mit ihm gehen und viele werden euch unterstützen auf euren Reisen durch das Land.“

„Aber ein Mensch kann doch nicht einfach seine Zeit mit Herumreisen vertändeln.“

„Er ist der Sohn des Herrn und er kann alles tun, was Gott für ihn vorgesehen hat. Du kannst dabei sein, wenn du willst.“ Gabriel sprach überzeugend.

„Soll das heißen, ich habe die Wahl? Ich kann mir aussuchen, ob ich sein Begleiter sein will?“

„Es sollten nur die für Gott auf dem Weg sein, die wahrhaft an ihn glauben. Das gilt auch für alle, die seinem Sohn folgen. Was meinst du, willst du dazugehören?“ Es war das erste Mal in Isaaks Leben, dass ihn jemand nach seiner Meinung fragte. Er war geboren, um den Stärkeren zu gehorchen, nicht um eigene Wege zu gehen. Und doch erschien es ihm verlockend.

„Was muss ich tun, um ihm zu folgen?“ Die Sache würde sicherlich einen Haken haben.

„Du musst die anderen davon überzeugen, dass er der Retter ist, den Gott durch die Propheten  versprochen hat. Und du musst mit ihnen nach Jerusalem ziehen, damit ihr euch mit ihm bekannt machen könnte. Doch wundert euch nicht. Er ist winzig klein und liegt in einer alten Futterkrippe in einem zugigen Stall. Aber er erwartet euch.“

„Ein kleines Kind, das nicht einmal ein gescheites Dach über dem Kopf und eine eigene Wiege besitzt soll dieser Retter sein?“ Isaak blieb skeptisch.

„Er braucht dafür ein wenig Zeit. Du wirst sehen, dass sein Name eines Tages allen bekannt sein wird. Wirst du die anderen wecken und zu ihm gehen?“ Isaak war immer noch nicht überzeugt, aber was konnte schon passieren, als dass sie die sechzehn Stadien in die Stadt vergebens zurücklegten? Den Hohn der anderen würde er schon ertragen. Was aber würde geschehen, wenn er die Botschaft des Engels nicht ernst nahm? Würde er die Chance seines Lebens vertun? Wahrscheinlich!

„Ich wecke sie und bitte sie, mit mir zu gehen. Wenn sie nicht wollen, gehe ich alleine.“

„Du wirst sehen, dass du dich richtig entschieden hast. Geh dem Stern nach bis in den Stall und du wirst erkennen, dass die Wege Gottes sich lohnen.“

 

Damit erloschen das Strahlen und aller Glanz und Isaak sah den Engel nicht mehr. Es wurde wohl Zeit, die anderen aufzuwecken und ihnen von der Botschaft des Engels und dem Kind in der Krippe zu erzählen. Wer gottesfürchtig war, würde mit ihm gehen. Isaak betrat den Unterstand und begann mit dem Hirten, der vor seinen Füßen ruhte. Jeder musste für sich selbst entscheiden, was er tun wollte. Sie hatten die Wahl.

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