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Selbstverständlich gibt es mit der "Blick-ins-Buch-Funktion" eine Leseprobe. Also auf ins magische Schottland!

Aufrecht gehn, den Himmel sehn

Neben meinen Büchern, die durchweg in der Unterhal-tungslektüre ihren Platz haben, ist ein biblisches Musical für Kinder ab sechs Jahre in Chor-und Theatergruppen erschienen. In diesem Buch befinden sich Lieder, Sprechtexte und Notenmaterial für eine 30-minütige Aufführung.  In sechs Szenenbildern und ebenso vielen Liedern begegnen die Kinder Sarah, deren Blick auf den Boden gewandt ist und die an dieser Last schwer trägt. Und sie erfahren, was geschieht als Jesus in Sarahs Leben tritt... Das Buch im lese- und musikerfreund-lichen Großformat ist bei Amazon erhältlich.

10. Dezember

Neues im Krippenstall     

 

      „Wo willst du schon wieder hin, Ralf?“

            „Ach Mama, du weißt doch, dass wir uns mit der Gruppe treffen. Wir haben noch so viel vorzubereiten für das Krippenspiel.“

            „Ich hätte auch nichts dagegen, wenn du darüber nicht deine schulischen Leistungen aus den Augen verlieren würdest, Ralf! Der ernste Ton nervt den Vierzehnjährigen und bringt ihn wie immer auf die Palme.

            „Ja, ich weiß. Und wenn ich nicht das Abitur schaffe, dann...!“ Ralf ließ offen, was dann geschehen würde. Es ist allerdings deutlich, dass es sich um das Wiederkäuen einer mütterlichen Voraussage handelt, die er schon tausendfach gehört hat.

            „Du scheinst zu glauben, dass mir das Spaß macht, Ralf. Aber du irrst dich!“ Gereizt wirft die Mutter die Spülmaschinentür zu.

            „Und warum tust du es dann immer?“, flüstert der Junge und zieht die Tür hinter sich ins Schloss.

Die Frau hat den letzten Satz trotzdem gehört und sagt ebenso leise zu sich selbst:

            „Weil Mütter so sind! Sie können nicht anders.“

 

            Eine Viertelstunde später erreicht Ralf das Gemeindezentrum. Den Ärger über die Mutter hat er sich aus dem Bauch gelaufen. Irgendwie hat sie ja auch Recht. Ohne Abitur war man heute nur ein halber Mensch und der Arbeitsmarkt rächte sich für die Trägheit, indem er die jungen Menschen ignorierte. Ob die anderen in der Gruppe das auch so sahen? Ralf betritt nachdenklich den Gruppenraum. Dort wartet sein Freund Frank auf ihn.

 

            „Was ziehst du denn für ein Gesicht, Alter?“ Frank schlägt ihm in Kumpelmanier die Hand auf die Schulter. Ralf zuckt zurück und verzieht nun wirklich schmerzerfüllt sein Gesicht.

            „Geht's noch? Ich bin doch nicht dein Prügelknabe.“

            „Huuu, schlechte Laune auf dem Vormarsch. Hat Mama ihren kleinen Liebling wieder genervt.“ Freunde konnten doch manchmal echt lästig sein, weil sie genau wussten, was man mit sich herumtrug, findet Ralf.

 

            Stefan, der Gruppenleiter, betritt den Raum.

            „Na Jungs, habt ihr die Rolle des Josef schon ausgelost und seid euch dabei in die Haare geraten?“, grinst er. Auch Stefan hat eine feine Antenne für die Stimmung seiner Jungs. Er kennt sie halt von klein auf.

            „Nix da!“, sagt Ralf. „ich finde ohnehin, dass es Zeit wird, Maria mal als Alleinerziehende darzustellen.“ Er sagt diesen Satz einfach so dahin, ohne nachzudenken.

            „Ja, genau. In unserer Welt gibt es viel mehr Mütter, die sich allein um ihre Kinder kümmern. Warum soll das nicht auch in der Kirche Platz haben?“ Stella hat Ralfs letzten Satz eben noch gehört, als sie den Raum betritt.

            „Die Weihnachtsgeschichte umschreiben?“ Stefan schüttelt ungläubig den Kopf. „Ob der Pfarrer damit einverstanden ist?“

            „Der ist ja auch ein Mann. Vermutlich will er nicht darauf verzichten, dass der heilige Josef in der Geschichte aufkreuzt!“, sagt Stella voller feministischer Überzeugung. Im Stillen gibt Stefan ihr Recht. Aber das weckt auch seinen Widerspruchsgeist und so beschließt er, mit Pfarrer Döbbel darüber zu reden.

 

            Ein paar Tage später steht er schon in der Tür, als die Jugendlichen kommen.

            „Was ist los?“, erkundigt sich Ralf.

            „Ich muss mal mit euch reden. Setzt euch!“

            „Nun mach es nicht so spannend, Stefan.“

            „Ich habe mit Pfarrer Döbbel geredet und wir haben einen Beschluss gefasst“, beginnt der Gruppenleiter.

            „Nun sag nicht, die Kleinen machen in diesem Jahr das Krippenspiel...!“, stöhnt Stella.

            „Nein, Quatsch, natürlich nicht. Aber es soll anders sein, als sonst, darüber sind der Pfarrer und ich uns einig geworden“, erklärt Stefan.

            „Wie, anders? Was kann denn am Krippenspiel anders sein, als sonst? Hirten, Engel, Josef, Maria und eine Puppe als Kind. Was kann da noch kommen?“

            „Eine moderne Inszenierung?“, grinst Stella. „Mit Joggerbuggy und Umstandshose?“

            „Nicht ganz so, Stella. Aber wir wollen Marias Rolle in der Weihnachtsgeschichte an unsere Zeit anpassen und haben uns vorgestellt, was passiert wäre, wenn Josef sich gegen sie entschieden hätte.“

            Die Jugendlichen starren Stefan ungläubig an. Das war doch nur eine fixe Idee gewesen und nun wollte Stefan alles umstricken? Hatte der noch alle Gläser in der Vitrine? Eine alleinerziehende Maria? Doch die Idee hat durchaus ihren Reiz, erkennen sie und setzen sich schnell in die Runde. Ein ganz neues Konzept. Das wäre doch gar nicht so schlecht... Und da behaupteten andere, die Kirche sei nicht innovativ!

 

Ein paar Wochen später füllen sich die Kirchenbänke. Es ist Heiligabend und alle erwarten einen feierlichen Gottesdienst. So wie immer, damit man das Weihnachtsfest schön begehen kann. Pfarrer Döbbel, ausnahmsweise nicht im Messgewand, betritt die Kirche. Neben ihm geht ein junges Mädchen. Ihren Dialog hört man bis in die letzte Bank:

            „Das kannst du nicht machen, Maria. Niemand wird dir diese Geschichte abnehmen und ich glaube nicht, dass ich dich jetzt noch zur Frau nehmen möchte. Wenn das Kind wirklich von mir wäre, dann vielleicht. Aber ich habe mit der Sache nichts zu tun. Es tut mir leid.“ Die Leute recken ihre Hälse. Das wird doch nicht privat sein, was die zwei da so laut bereden? Aber nein, Stella kennen hier fast alle und der Pastor ist über solche Vorwürfe erhaben.

 

            Das Mädchen stellt sich vor die Gemeinde und spricht:

            „Könnt ihr euch vorstellen, dass der Josef mich allein lassen will? Ich soll die Verantwortung für mein Tun selber tragen, hat er gesagt. Und dass ein Engel des Herrn bei mir war, glaubt er natürlich auch nicht. So ist das mit dem Glauben – was man nicht sehen kann, das kann man auch nicht glauben. Wie soll ich nur allein zurechtkommen in dieser Männerwelt?“ Stella alias Maria hockt sich verzweifelt auf die Altarstufen und beginnt, zu weinen.

Plötzlich tritt ein Mädchen in Schwesterntracht hinter sie.

            „Du musst das nicht alleine durchstehen, Maria. In unserem Land gibt es Hilfe für junge Mütter. Ich geb dir mal ein paar Unterlagen.“ Sie drückt Maria einen Stapel Prospekte einer Hilfsorganisation in die Hand. Man hört, wie einige ältere Gemeindemitglieder in der ersten Bank scharf die Luft einatmen. Sie haben wohl das Wort 'Schwangerschaftsabbruch' lesen können. Maria beginnt, in dem Stapel zu blättern und sagt dann laut:

            „Aber der Engel hat doch gesagt, das Kind sei von Gott. Das kann ich doch nicht wegmachen lassen. Hier, das ist vielleicht keine schlechte Idee – eine Babyklappe im Krankenhaus. Ich müsste nur für eine Weile verschwinden, damit niemand etwas von der Schwangerschaft bemerkt. Ich hab ja eh keinen Ausbildungsplatz und lungere nur so rum. Da kann ich meine Mutter doch bitten, mich eine Weile zu Tante Lis zu schicken.“ So nennt sie ihre Großcousine Elisabeth, die ihr gerade jetzt in den Sinn kommt.

 

Das Szenenbild wechselt. Maria, nun schon ein wenig fülliger, sitzt in einem Wohnzimmer. Neben ihr steht Lis, ebenfalls schwanger und sagt:

            „Weißt du, ich hab gar nicht mehr damit gerechnet, ein Kind zu bekommen und nun ist es doch passiert. Hoffentlich bin ich nicht zu alt dafür. Bei dir ist das ganz was anderes. Du bist jung und schaffst das sicher spielend.“

            „Ich bin mir da nicht so sicher!, stöhnt Maria.

            Es schellt an der Tür. Lis geht durch den Altarraum und kommt mit einem kleinlauten Josef zurück. Der kniet sich neben Maria auf den Teppich und sagt:

            „Ich hab meinen Eltern gebeichtet, was wir angestellt haben, Maria. Sie sagen, ich soll dich mitbringen. Es lässt sich alles regeln, meint meine Mutter. Wenn wir beide weiter zur Schule gehen wollen, dann kümmert sie sich. Und sie hat auch mit deinen Eltern gesprochen. Ich soll dich nach Hause bringen.“ Maria fließen Tränen über das Gesicht, doch man spürt, dass es Freudentränen sind. Sie hatte sich damit abgefunden, das Baby zur Adoption frei zu geben. Vielleicht wird doch noch alles gut. Josef legt den Arm um seine Verlobte. Irgendwie sehen die beiden jetzt ganz glücklich aus.

 

            Der Fernseher springt an und über den Bildschirm flimmert ein Engelchor, der laut Halleluja singt. Die Mitglieder der Jugendgruppe kommen jetzt aus allen Ecken herbei geströmt. Der Rest geschieht wie im Zeitraffer. Man sieht, wie Maria und Josef im Hochzeitsgewand dort stehen und dass das Kind schon auf der Welt ist. Irgendwie will die Geschichte gar nicht mehr so passen, aber sie haben kein besseres Ende gefunden. Und den Gemeindemitgliedern ist das auch herzlich egal. Die neue Version der Weihnachtsgeschichte hat offenbar ihre Wirkung nicht verfehlt. Maria jedoch hat ein eigenes Finale im Kopf. Sie tritt vor die vielen Menschen und sagt:

            „Wenn jemand von uns anders ist, als ihr, wenn ein junges Mädchen ein Kind bekommt, und ihr den Vater nicht kennt, wenn einer von uns sein Leben nicht allein in den Griff bekommt, dann könnt ihr helfen. Jeder von euch kann etwas tun. Das hat dieses Kind von euch gewollt. Das ist die Botschaft, die es euch heute noch bringt.“

 

            Pfarrer Döbber im Josefgewand beginnt, rhythmisch zu applaudieren und sagt laut: „Gehet hin in Frieden!“ Die Gemeinde antwortet mit lautem Klatschen, in dem das „Dank sei Gott, dem Herrn!“, fast untergeht.

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